Vaters Stündchen
Quelle der Geschichte: Syrische Volksmärchen
Lehre der Geschichte: Zeit ist wertvoller als Geld. Die Zeit, die man mit seiner Familie verbringt, ist das Wertvollste von allem.
Vaters Stündchen
Es war einmal vor langer, langer Zeit ein sehr beschäftigter Kaufmann, der eine Frau und einen einzigen Sohn hatte. Der Kaufmann reiste oft in ferne Länder und hatte kaum Zeit für seine Familie. Sein Sohn vermisste ihn sehr und wünschte sich nichts sehnlicher, als mit seinem Vater zu spielen, so wie seine Onkel mit ihren Söhnen und Töchtern im großen Haus spielten. Immer wieder sagte seine Frau zu ihrem Mann:
„Liebster Mann, bitte spiel doch ein wenig mit unserem Sohn. Bring ihn in den Garten oder zeig ihm den Markt.“
Doch der beschäftigte Kaufmann hörte nicht auf ihre Worte. Egal wie sehr seine Frau und sein Sohn ihn baten, er wiederholte immer nur denselben Satz:
„Ich bin beschäftigt! Ich bin beschäftigt! Ich bin wirklich beschäftigt!“
Wenn seine Frau und sein Sohn noch mehr drängten, dass der Kaufmann wenigstens eine Stunde seiner Zeit dem Jungen schenken sollte, fügte er genervt hinzu:
„Die Stunde, die ich mit dem Jungen verbringe, kostet mich hundert Goldstücke!“
Eines Tages hatte der Sohn eine Idee. Von diesem Tag an bat er seinen Vater alle paar Tage um ein wenig Geld. Mal brauchte er Geld für Hefte, mal für Bücher, und ein anderes Mal für einen Schulausflug.
Eines Tages, als der Sohn wieder um Geld bat, platzte dem Vater der Kragen. „Du fragst immer nur nach Geld!“, schimpfte er. „Von nun an bekommst du keinen Cent mehr!“ Der Sohn war sehr traurig und rannte weinend in sein Zimmer.
Als der Vater sah, wie unglücklich sein Sohn war, tat es ihm leid. Er ging in das Zimmer seines Sohnes, um sich zu entschuldigen. Doch was er dort sah, überraschte ihn sehr. Sein Sohn kniete auf dem Bett und zählte Münzen! Der Vater war wie erstarrt. „Woher hast du denn all das Geld?“, fragte er seinen Sohn.
Der Sohn schluchzte und antwortete: „Das Geld habe ich von dem Taschengeld gespart, das du mir früher gegeben hast. Ich wollte hundert Goldstücke zusammensparen, um eine Stunde deiner Zeit zu kaufen. Du bist doch immer so beschäftigt und hast nie Zeit für mich…“